Büros für junge, motivierte Start-ups auf dem G DATA Campus

Jessika Lüning von G DATA bei der Eröffnung des neuen G'85 Start-up Center auf dem G DATA Campus.

© G DATA CyberDefense AG

Das IT-Security-Unternehmen G DATA fühlt sich in Bochum heimisch. Vier Studenten aus Bochum und Herne haben 1985 G DATA gegründet und damit digitale Pionierarbeit geleistet. Alles begann mit einem Computervirus auf zwei Floppy Discs. Seitdem ist das Unternehmen immer weiter gewachsen. Heute zählt das Bochumer Vorzeige-Grown-up rund 600 Mitarbeiter*innen, rund 470 davon am Standort Bochum. Mit dem neu gegründeten Start-up Center „G’85 – Not a Garage“ ziehen jetzt Start-ups in eines der G DATA Gebäude ein. Grund genug für uns von der WORLDFACTORY, die schon länger bestehende Kooperation zu intensivieren. Wir haben mit Jessika Lüning, Ideengeberin für das Start-up-Center und Ansprechpartnerin für die jungen Entrepreneur*innen bei G DATA, über G’85 gesprochen.

Hallo Jessika! Bei unserem WSC Demo Day im März warst du Teil unserer 5-köpfigen Fachjury, die unsere TOP 5 Start-ups des Jahres 2023 gewählt hat. Welchen Bezug haben du und G DATA zu der Start-up Szene hier in Bochum?

Als Bochumer Unternehmen schauen wir natürlich, was in der Stadt und auch an der Uni los ist, da konnte uns die lebendige Start-up-Szene gar nicht verborgen bleiben. Bis letztes Jahr hatten wir gar nicht so viele Berührungspunkte mit der Szene, aber je involvierter ich bin, umso faszinierter bin ich. Das Potenzial mancher Ideen, das Engagement der Menschen und diese Aufbruchstimmung begeistern mich einfach und ich finde das unterstützenswert.

Kannst du erklären, welche Idee hinter „G’85 – Not a Garage“ steckt bzw. wie die Idee entstanden ist und was die Kooperation mit dem WSC für euch bedeutet?

Ohne das WSC würde es unser Start-up-Center vielleicht gar nicht geben. Die Idee hat sich im Gespräch mit Prof. Günther Meschke und Melusine Reimers auf einer Start-up-Veranstaltung ergeben. Als wir unser Firmengelände 2014 gekauft haben und uns daran gemacht haben, die insgesamt 17000 m² Bürofläche, die wir hier haben, umzubauen und zu renovieren, war Homeoffice noch kein Thema. Aber jetzt haben sich viele unserer Mitarbeitenden dazu entschieden, von zu Hause aus zu arbeiten und es ist ruhiger hier auf dem Campus geworden. Platzmangel ist auf einmal kein Thema mehr. Passenderweise habe ich dann mitbekommen, wie viele Start-ups auf der Suche nach Räumlichkeiten sind…

Was erhofft ihr euch von der Ansiedlung von jungen Start-ups auf dem G DATA Campus?

Die Idee war sofort da: Warum nicht junge, motivierte Start-ups auf den G DATA Campus holen und versuchen, gemeinsam mit unserem Team vor Ort eine neue Community wachsen zu lassen und so das Leben auf den Campus zurückzuholen. Ich denke, da wird es Synergien geben, von denen wir jetzt noch nichts ahnen. Wir freuen uns auf jeden Fall auch, wenn wir den Standort Bochum damit stützen können und vielversprechenden jungen Unternehmen Raum geben.

Mit welchen Herausforderungen habt ihr aktuell in Bezug auf den Komplex G'85 zu tun?

Das sind eigentlich nur leichte Kinderkrankheiten. Ich habe den ersten beiden Mietern tatsächlich gesagt: Ihr seid unsere Versuchskaninchen. Denn es gibt einiges, was neu bedacht werden muss: von der Postverteilung über die Mülltrennung bis zu Sicherheitsfragen hinsichtlich des Campuszugangs und der Internetnutzung. Manche Fragen werden sich auch erst ergeben, wenn noch mehr Firmen hier Einzug halten und Dinge der Selbstorganisation rund um Gemeinschaftsküchen und Besprechungsräume wichtig werden. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir das alles gelöst bekommen. Wir bevorzugen Mieter, die zu uns passen. G’85 ist für uns ein Projekt, das Spaß machen soll und auch mal etwas unkonventionell sein darf.

Was für Start-ups sollen in den Räumen arbeiten? Gibt es eine Branchen-Auswahl? An wen sollten Gründer*innen sich bei Interesse wenden?

Wir haben uns tatsächlich auf keine Branche festgelegt, weil wir uns eine große Vielfalt wünschen. Da wir weder Lager- noch Labor- oder Werkstattmöglichkeiten bieten können, schränkt sich der Kreis ein. Interessierte sollten den Erstkontakt per Mail über g85@gdata.de aufnehmen. Ich melde mich dann zurück und wir können einen Besichtigungstermin ausmachen.

Werden in Zeiten von Homeoffice und Remote Work überhaupt noch neue Büros benötigt?

Bei vielen der Start-ups, die ich jetzt kennengelernt habe, ist der Wunsch nach einer „richtigen“ Firmenadresse schon ziemlich groß. Und ins Office zu gehen, ist ja mehr, als nur den Wohnzimmertisch gegen den Schreibtisch einzutauschen. Wir haben an unserem Standort auch ein tolles Café und gemütliche Außenflächen.

Blick in die Zukunft: Angesichts fortschreitender Digitalisierung, IoT und zunehmender Vernetzung gibt es für IT-Security Dienstleister viel zu tun, oder?

Dass sich das Thema IT-Security mal so entwickeln würde, hat mein Mann Andreas 1987, als er das erste Antivirenprogramm weltweit auf den Markt gebracht hat, nicht ahnen können. Wir müssen uns schon seit Jahrzehnten immer wieder neu erfinden, um auf die ständig wachsenden Herausforderungen reagieren zu können. Aber es kommen eben auch ständig neue Themenfelder hinzu – nicht ohne Grund hat es im IT-Security-Bereich in den letzten Jahren auch so viele erfolgreiche Ausgründungen gegeben.

Was ist das Besondere an der Start-up Szene im Ruhrgebiet, vor allem im Vergleich zu etablierten Start-up Hotspots wie etwa Berlin?

Da bin ich tatsächlich gar nicht tief genug in der Materie drin. Ich denke aber, dass auch die Start-up-Szene im Ruhrgebiet von außen zu Unrecht unterschätzt und vom Rest der Welt weniger wahrgenommen wird als die der anderen Metropolen. Aber das ist ein anderes Thema, über das ich stundenlang reden könnte.

Die Gründung von G DATA liegt nun schon etwas länger zurück. Was würdest du sagen, ist der wichtigste Unterschied zum Gründen heutzutage? Welche Unterschiede, im Vergleich zu damals, nimmst du in der Gründungskultur wahr?

Als G DATA gegründet wurde, gab es das Wort Start-up im deutschen Sprachgebrauch noch gar nicht. Damals musste man risikofreudiger sein und hatte eigentlich nirgendwo Ansprechpartner. Ohne die – auch finanzielle – Unterstützung der Eltern wäre bei meinem Mann Andreas und seinem Mitgründer Kai Figge am Anfang wohl wenig gegangen. Damals hat man als junge Gründer*innen eher Kopfschütteln als Bewunderung ausgelöst.

Welchen Tipp würdest du jungen Gründer*innen heute an die Hand geben?

Den jungen Unternehmer*innen, die ich in der letzten Zeit kennenlernen durfte, hätte ich nicht viel zu sagen. Alle sind so gut vorbereitet und wissen, wo sie hinwollen. Generell ist es immer gut, Dinge nicht zu verbissen zu sehen und immer auch einen Blick nach rechts und links zu werfen.