Legal Guide #1: Die richtige Rechtsform für dein Start-up

Viele Dokumente auf einem Tisch.

Du stehst mit deinem Start-up kurz vor der Gründung, bist dir aber in einigen Rechtsfragen noch unsicher? In unserer neuen "Legal Guide" Blogserie widmen wir uns rechtlichen Grundlagen für Start-ups und klären die wichtigsten Rechtsfragen, die vielen Gründer*innen auf dem Herzen liegen. Dafür haben wir uns fachliche Unterstützung von den Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen von Aulinger Rechtsanwälte Notare geholt, die euch in unseren Legal Guides einen kompakten Überblick über Rechtsthemen für Gründer*innen geben. Los geht es mit einer der wichtigsten Fragen: Welche Rechtsform passt zu deinem Start-up?

Bei einer Gründung stellen sich viele Fragen – auch in rechtlicher Hinsicht. Die erste wichtige Entscheidung, die hier meistens getroffen werden muss, ist die Wahl der passenden Rechtsform. Die Lösung kann zwar sehr unterschiedlich ausfallen, aber die Kriterien, die die Gründerteams interessieren (sollten), ähneln sich dabei immer wieder. Zumindest ein gewisses eigenes rechtliches Verständnis ist hier deshalb wichtig, um eine gute Grundlage für das eigene Unternehmen zu legen.

Kategorien von Rechtsformen

Die verschiedenen Rechtsformen, die es gibt (und von denen es sehr viele gibt), kann man grundsätzlich in drei Kategorien einteilen: Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Innerhalb dieser Kategorien bestehen zwar auch noch einmal Unterschiede, aber die Gemeinsamkeiten überwiegen deutlich.

Einzelunternehmen bestehen aus einer einzigen Person, der das Unternehmen „gehört“. Diese kann also in ihrer Rolle als Privatperson oder als Unternehmer*in handeln. Die Unterscheidung ist dabei nicht immer einfach. Nicht gemeint ist mit dem Einzelunternehmen übrigens eine GmbH oder UG, die jemand alleine gegründet hat (sog. Ein-Personen-GmbH/UG). Für Gründerteams kommt ein Einzelunternehmen damit nicht infrage.

Personengesellschaften – bekannt sind Vielen die GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), die OHG (Offene Handelsgesellschaft) und die KG (Kommanditgesellschaft). Sie bestehen immer aus mehreren Personen. Als „Gegenstück“ zum Einzelunternehmen können sie deshalb (von Ausnahmen abgesehen) nicht von einer Einzelperson gegründet werden. Innerhalb dieser Kategorie weist insbesondere die KG einige Besonderheiten auf.

Bei Kapitalgesellschaften – insbesondere der GmbH, der UG und der AG – gelten völlig andere Regelungen als bei Einzelunternehmen/Personengesellschaften. Die Zahl der Gesellschafter*innen ist beliebig und auch z.B. bzgl. Haftung und Steuern gelten ganz andere Maßstäbe.

Vergleich zwischen den einzelnen Kategorien von Rechtsformen

Weil die Gemeinsamkeiten zwischen den Rechtsformen innerhalb der einzelnen Kategorien groß sind, eignen sich die verschiedenen Kategorien gut für einen Vergleich, ohne dass das Bild zu kompliziert wird.

Haftung
Die Haftungsregelungen sind ein wichtiger Vorteil von Kapitalgesellschaften. Hier haftet nämlich grundsätzlich nur die Gesellschaft selbst mit ihrem Vermögen. Das Privatvermögen der Gesellschafter*innen bleibt (grundsätzlich) unangetastet.
Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften dagegen haften alle Gesellschafter*innen mit ihrem ganzen Vermögen (auch dem Privatvermögen) und in voller Höhe (nicht nur anteilig) für alle Verbindlichkeiten des Unternehmens. Eine Ausnahme bildet die KG: Hier muss es sowohl voll haftende als auch beschränkt haftende Gesellschafter*innen geben.
Wer jetzt schon zur Gründung einer Kapitalgesellschaft tendiert, muss gerade als Start-up allerdings noch etwas weiter denken. Geschäftspartner (und insbesondere Banken) wissen natürlich von der nur begrenzten Haftung. Deshalb müssen die Gesellschafter*innen häufig persönliche Sicherheiten (insbesondere für Kredite) stellen. Durch eine entsprechende Bürgschaft, eine Grundschuld o.ä. kann es so dann doch noch zu einem Zugriff auf das Privatvermögen kommen. Außerdem werden gerade bei Start-ups häufig die Gesellschafter*innen zugleich auch zu Geschäftsführer*innen des Unternehmens. Erfüllt ein*e Geschäftsführer*in einer GmbH seine oder ihre Pflichten nicht (richtig) und kommt es dadurch zu einem Schaden, kann er oder sie dafür ebenfalls mit seinem  oder ihrem gesamten Privatvermögen haften.

Kreditwürdigkeit
Durch die Regelungen zur Haftung ergibt sich bei der Kreditwürdigkeit der einzelnen Rechtsformen ein genau umgekehrtes Bild. Wo viel Haftungsmasse ist, besteht schließlich auch größeres Vertrauen, sein Geld letztlich zurückzubekommen. Das bedeutet:
Da ein*e Einzelunternehmer*in grundsätzlich mit seinem oder ihrem gesamten Privatvermögen haftet – dazu gehören übrigens auch Beteiligungen an anderen Unternehmen – ist seine/ihre Kreditwürdigkeit vergleichsweise hoch. Die Einzelheiten hängen natürlich von dem tatsächlichen Vermögen ab.  
Bei Personengesellschaften ist die Kreditwürdigkeit noch einmal höher, da man hier ja sogar auf das Vermögen mehrerer Personen zugreifen kann.
Welche Folgen die eingeschränkte Haftung der Kapitalgesellschaften auf ihre Kreditwürdigkeit hat, ist oben im Grunde bereits erklärt. Dieser Nachteil reduziert sich aber idealerweise im Laufe der Zeit, wenn das Unternehmen selbst an Wert und Vermögen gewinnt. Als besonders kreditunwürdig wird übrigens teilweise die UG angesehen, weil sie ein geringeres Stammkapital als andere Kapitalgesellschaften hat.

Aufwand
Den Faktor Aufwand kann man noch einmal in „Gründungsaufwand“ und „laufenden Aufwand“ aufteilen.
Einzelunternehmen haben in der Regel nur einen geringen Gründungsaufwand, weil es wenig formelle Anforderungen gibt und vor allem keine Abstimmung innerhalb eines Teams erforderlich ist. Auch der laufende Aufwand ist vergleichsweise gering.
Bei Personengesellschaften hängt der Aufwand vom Gründerteam ab. Man kann etwa einen Gesellschaftsvertrag zwar sehr einfach halten (manchmal entsteht eine solche Gesellschaft sogar ohne eine „formelle“ Gründung). Manche Teams wollen oder brauchen aber auch komplexere Regelungen. Der laufende Aufwand ist etwas größer als bei Einzelunternehmen.
Kapitalgesellschaften schneiden in diesem Punkt am schlechtesten ab. Hier braucht man häufig (gerade auch schon für die Gründung) eine*n Notar*in. Außerdem sind die formellen Anforderungen im laufenden Geschäftsbetrieb tendenziell höher. Die Details hängen von der Größe des Unternehmens ab.

Steuern
Die Einzelheiten der Besteuerung sind recht komplex und deshalb hier kaum sinnvoll darzustellen.
Eine erste ganz grobe Weichenstellung kann aber folgendermaßen aussehen: Wenn das Unternehmen als wirtschaftliche Lebensgrundlage der Gründer*innen dienen soll, ist (gerade bei eher kleinen Unternehmen) steuerlich häufig die Gründung einer Personengesellschaft/eines Einzelunternehmens günstiger. Ist das Ziel dagegen, Erträge zu reinvestieren (was insbesondere bei höheren Erträgen ein zunehmend wichtiges Thema wird), bieten Kapitalgesellschaften oft attraktivere steuerliche Möglichkeiten.
Auch Holdingstrukturen – nach denen Gründer*innen ebenfalls immer wieder fragen – werden häufig (auch) aus steuerlichen Gründen eingerichtet. Die wesentlichen Vorteile können aber in aller Regel nur durch Kapitalgesellschaften erreicht werden. Den zusätzlichen Aufwand, den jede weitere Gesellschaft auslöst, sollte man dabei aber zumindest nicht völlig vergessen.

Exit/Beteiligung von Investoren/etc.
Will man von Beginn an oder später eine*n Investor*in am Unternehmen beteiligen oder ist eine spätere Veräußerung geplant, empfiehlt sich häufig ebenfalls die Gründung einer Kapitalgesellschaft.
Die typischen Nachteile von Kapitalgesellschaften sind für eine*n (finanzstarke*n) Investor*in oder Käufer*in in der Regel weniger von Bedeutung. Dafür gibt es bei Kapitalgesellschaften häufig interessantere Gestaltungsmöglichkeiten. Zudem finden solche Beteiligungen/Käufe häufig ebenfalls über Kapitalgesellschaften statt, sodass die Integration einer weiteren Kapitalgesellschaft in die entsprechende Unternehmensgruppe leichter fällt.

Entscheidungsfindung

Welche Rechtsform letztlich die passende ist, muss jedes Gründerteam natürlich für sich selbst beantworten. Diese Entscheidung muss aber keinesfalls für die Ewigkeit gelten. Nicht selten ist es sogar sinnvoll, die eigenen rechtlichen Verhältnisse zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal mit Blick auf die Zukunft zu hinterfragen.
Zunächst einmal ist aber die Abstimmung im Team wichtig: Gibt es irgendwelche zwingenden Anforderungen oder Ausschlusskriterien? Danach sollten die „übrigen“ Interessen sowie Vor- und Nachteile abgewogen werden.
Sobald das (zumindest im Groben) geklärt ist, können verbleibende Fragen manchmal bereits über kostenfreie bzw. kostengünstige Erstberatungsangebote gelöst werden.
Für Sonderthemen und die rechtliche Umsetzung sind dann in der Regel Profis gefragt. Manchmal reichen dafür schon Musterverträge (eines Notars, eines Verbands o.ä.) aus. Es gibt aber auch Fälle, in denen es eine maßgeschneiderte Lösung gewünscht oder notwendig ist. Bis zu diesem Punkt ergibt sich der eigene Bedarf aber häufig schon recht deutlich von ganz allein.

Rechtlicher Hinweis: Bitte beachtet, dass eine Lektüre dieses Beitrags in keinem Fall eine Rechtsberatung ersetzt. Solltet ihr Fragen haben, setzt euch gerne mit uns in Verbindung.