#TOP5: SLVISIONS - Software und Datenmanagement für günstige und sichere Windenergie

Die Gründer von SLVISIONS beim WSC Demo Day. Dr. Grefrath fehlt im Bild.

© WORLDFACTORY Start-up Center

Auf dem Weg zur Klimaneutralität ist Windkraft eine wichtige Technologie. Das Start-up SLVISIONS hat eine Methode entwickelt, mit der sich die Lebensdauer von Windkraftanlagen präzise bestimmen lässt. Mittels smarter Datenanalyse-Methoden sind die Gründer*innen in der Lage, Materialermüdung zu bestimmen und so vorauszusagen, bis zu welchem Zeitpunkt der Betrieb eines Windrads sicher und möglich ist. Damit leistet das Start-up einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung, denn wenn sich Windkraftanlagen präzise bis zum Ende ihrer Lebensdauer einsetzen lassen, müssen sie insgesamt seltener ersetzt oder repariert werden. Das spart eine Menge Ressourcen und Geld. Wir haben die Gründer*innen Hendrik Bissing, Robert Grefrath und Faranak Faghihi interviewt und über die Idee, den WSC Demo Day und die nächsten Schritte gesprochen.

Beschreibt eure Gründungsidee:

SLVISIONS steht für Visionen einer neuen Herangehensweise der Lebensdauerberechnung (Service-Life) für metallische Komponenten und Bauteile. Wir bieten eine innovative Methode  der Ermüdungsbemessung dieser Bauteile und können dadurch die (Rest-)Lebensdauer präziser vorhersagen als der Markt es aktuell kann.

Stellt euch als Gründungsteam doch einmal kurz vor. Was zeichnet euch aus?

Faranak und ich kennen uns aus unserer gemeinsamen Zeit am Lehrstuhl für Stahl-, Leicht- und Verbundbau der Ruhr-Universität Bochum bei Prof. Knobloch. Robert und ich sind befreundet und haben uns über unsere Partnerinnen kennengelernt. Wir sind so aufgestellt, dass alle Bereiche einer erfolgreichen Gründung  abgedeckt werden, von betriebswirtschaftlichen Kompetenzen über umfangreiche Programmierkenntnisse bis zu besonders spezialisiertem Know-how in der Ermüdungsbemessung. Und neben dem beruflichen kommen wir auch so gut miteinander aus (*lacht*).

Wie kamt ihr auf die Idee, zu gründen?

Meine Promotion befasst sich mit dem Thema der Lebensdauerprognose von Stahlbauteilen unter Ermüdungsbeanspruchung. Der Schwerpunkt meiner Forschung liegt auf der Bewertung von Schweißnähten an Stahlrohrtürmen von Windenergieanlagen. Aus dieser Forschung entstand die Idee einer Ausgründung. Robert und ich haben bei privaten Treffen schon oft über das Potential des Algorithmus gesprochen, den ich entwickelt habe. Durch den direkten Austausch mit Windkraftanlagenherstellern und -betreibern haben wir die Bestätigung erhalten, dass das Thema sehr interessant für die Industrie ist. Und dann haben wir einfach losgelegt.

Wie hat euch der Demo Day gefallen und was ist seitdem bei euch passiert?

Der Demo Day war eine super Erfahrung für uns. Bei dem großen Publikum war schon eine ganze Menge Adrenalin im Spiel. Das Feedback durch die Jury, aber auch der Austausch nach unserem Pitch war hochspannend und lehrreich für uns. Es haben sich bereits spannende Kontakte ergeben, die uns definitiv weiterhelfen werden. Ja und außerdem ist der Austausch mit den anderen Gründer*innen einfach genial. Da herrscht schon ein besonderer Spirit.

Wieso habt ihr euch dafür entschieden, im Ruhrgebiet zu gründen? Welche Vorteile bietet das Ruhrgebiet Gründer*innen aus eurer Sicht und was fehlt euch hier noch?

Die Gründung im Ruhrgebiet lag für uns insbesondere deswegen nahe, weil Faranak und ich an der Ruhr-Uni Bochum arbeiten. Die WORLDFACTORY bietet für uns darüber hinaus ein ideales Ökosystem für eine Gründung. Außerdem liegt Bochum auch so ziemlich zentral zwischen unseren Wohnorten.

Gibt es einen Lieblingsarbeitsplatz für euch in Bochum?

Da Faranak und ich an der RUB arbeiten, sind wir der Meinung, dass die Mensa-Terrasse oder besser noch der Botanische Garten für unsere inoffiziellen Meetings die besten Arbeitsplätze sind. Für die offiziellen Meetings sind wir natürlich RUB-Spezialisten und wir haben dort super Büros im 5. Stock mit herrlicher Aussicht. Aber während unseres Pitches haben wir das O-Werk in Bochum kennengelernt und dort gibt es einen sehr inspirierenden Spirit! Allein die historische Bedeutung dieses Ortes für Bochum und der jetzige Nutzen würde das O-Werk in Bochum für uns auch zu einem potentiellen Lieblingsplatz machen!

Gründen in Krisenzeiten: Spürt ihr die Auswirkungen der Krisen in den letzten Monaten (Corona, Inflation, Rohstoffmangel etc.)? Wenn ja, wie geht ihr damit um?

Eigentlich gar nicht. Ganz im Gegenteil. Aufgrund der Klimadebatte und den Diskussionen um die Energiewende werden wir sogar eher noch beflügelt. Unsere Idee könnte kaum besser in die aktuelle Zeit passen. Wir möchten dazu beitragen, Strom aus regenerativer Energieerzeugung noch zukunftsfähiger und für Verbraucher günstiger zu machen.

Laut Deutschem Start-up Monitor gehen die Zahlen der Neugründungen stetig nach oben. Gut ein Viertel aller Gründungen finden im universitären Umfeld statt. Welche Vorteile hat aus eurer Sicht eine Gründung während des Studiums?

Im Rahmen des Studiums ist man sehr flexibel und kann sich Arbeitszeiten für das Studium und die Gründung eigenständig einteilen. Darüber hinaus bieten viele Universitäten, wie z.B. bei uns in Bochum, fantastische Ökosysteme und viele Möglichkeiten für Förderung. Als Gründer*in aus der Uni heraus hast du Zugang zu finanziellen Fördermitteln, einem großen Netzwerk und auch persönlichem Coaching. Durch die Beratung des WSC wurde uns z.B. ermöglicht, eine Markt- und Wettbewerbsanalyse durchzuführen, die von einer studentischen Unternehmensberatung – ViaVentures - durchgeführt wurde. Wir wurden von Beginn an durch eine Beraterin des WSC gecoacht und im Gründungsprozess begleitet. Und das kostenlos. Vieles spricht für die Gründung direkt aus der Uni.

Konntet ihr euer Modell bereits in Pilotprojekten testen? Wenn ja, wie ist/war das Feedback der Partner und welche Erkenntnisse oder Optimierungsmöglichkeiten konntet ihr identifizieren?

Wir arbeiten gerade an Pilotprojekten mit drei unterschiedlichen Kunden zusammen. Diese haben ganz unterschiedliche Herausforderungen. Die ersten Feedbacks unserer Arbeit sind sehr positiv. Nichtsdestotrotz lernen wir natürlich viel dazu. Die Windenergieindustrie ist sehr komplex und es bestehen Vertragskonstellationen, die du erst verstehst, wenn du direkt mit den Kunden zusammen arbeitest. Herausforderungen gibt es immer, wir konnten sie aber bisher alle erfolgreich meistern.

Wie viel politische Debatte gehört zu eurer Arbeit? Müsst ihr auch manchmal Grundsatzdiskussionen führen?

Wenn Meinungsverschiedenheiten auftauchen, bekommen wir diese in der Regel schnell gelöst. Wir haben eine gemeinsame Vision. Der Weg dorthin ist an vielen Stellen noch unklar, aber der Weg ist das Ziel. Dadurch, dass wir alle drei sehr lösungs- statt problemorientiert arbeiten, haben wir selten Grundsatzdiskussionen. Flexibilität und ein positives Mindset machen es möglich (*lacht*).

Wie viel Erklärungsbedarf habt ihr eigentlich normalerweise bei eurer Zielgruppe, wen müsst ihr eventuell überzeugen?

Ich würde unsere Produkte als erklärungsbedürftig beschreiben. Wir versuchen jedoch, möglichst zielgruppengerecht zu kommunizieren. Für einen Geschäftsführer gehen wir natürlich weniger ins technische Detail als wenn wir mit einem Entwicklungsingenieur sprechen, der sich mit Ermüdungsberechnung beschäftigt. Wenn unsere Kunden einmal erkannt haben, dass wir einen wirklichen Mehrwert bieten können, bedarf es aber in der Regel wenig Überzeugungsarbeit. Zumindest war es bisher so.

Wo steht ihr aktuell und wie sehen die nächsten Schritte aus?

Wir arbeiten bereits mit drei Kunden zusammen und gehen mit ihnen gemeinsam die nächsten Schritte. Für uns ist das Wichtigste, uns fokussiert auf die Lösungen für die aktuellen Herausforderungen unserer Kunden zu konzentrieren und uns mitzuentwickeln. Bei all den Visionen, die wir haben, machen wir einen Schritt nach dem nächsten.